Dieser Text wurde nicht von einem Roboter verfasst. Erstaunt? Wahrscheinlich nicht, obwohl immer mehr Artikel mit dem Hinweis erscheinen, dass die Nachricht mit einem Algorithmus erzeugt wurde, beispielsweise in der Los Angeles Times. Der Modebegriff Roboterjournalismus weckt Interesse, aber auch Ängste. Immer mehr informatik-affine Journalisten schreiben über Roboterjournalismus und fragen sich: Braucht es zukünftig noch uns Journalisten? Auch zur Medienbeobachtung kann das Thema beitragen. Verlockend ist die Idee, einen Journalistenroboter einzusetzen, der die relevanten Geschehnisse aufspürt und zusammenfasst. Diese Zusammenfassung ist attraktiv gestaltet, ist auf meine Bedürfnisse zugeschnitten und enthält nur Inhalte von Interesse, jedoch keine Werbung.
Humanoider Roboter REEM-C und sein Vorgänger REEM
Wo steht der Roboterjournalismus in der heutigen Technologielandschaft? Im Hinblick auf eine Standortbestimmung lohnt sich eine Klärung der Begriffe. Wir haben einerseits den professionellen Journalismus, der zur öffentlichen Meinungsbildung beiträgt und gleichzeitig den Journalistenkodex beachtet. Demgegenüber kann man den unprofessionellen Journalismus stellen, bei dem das Recherchieren und Darstellen verschiedener Standpunkte in den Hintergrund rücken, und zwar zu Gunsten von Aufmerksamkeit und User-Generated-Content.
Auch bei den Robotern begnügen wir uns mit einer vereinfachenden Betrachtungsweise. Es gibt Roboter, deren Verhalten direkt durch vorgängig programmierte Regeln gesteuert wird. Dazu zählen gewisse Industrie- und Medizinroboter. Auch Autopiloten gehören dazu, welche eine vorgegeben Destination ansteuern und Abweichen nach vorgegebenen Regeln korrigieren. Demgegenüber gibt es autonom handelnde Roboter, die Situationen erkennen und interpretieren, dann verschiedene Pläne entwickeln, einen optimalen auswählen und diesen umsetzen. Die Regeln, welche das Verhalten direkt bestimmen, sind nicht fest vorgegeben. Vorgegeben sind die Methoden, wie solche Verhaltensregeln gefunden, bewertet und ausgewählt werden. Ein Beispiel eines autonomen Roboters ist der Mars Rover der NASA.
Schliesslich ist bei den Inputdaten zu unterscheiden, ob es sich um wenige, strukturierte und normalisierte Daten handelt oder nicht (Big Data). Eine Wetterstation liefert beispielsweise die aktuellen Messwerte in strukturierter und normalisierter Form. Es besteht kein Zweifel, ob die Temperatur in Grad Celsius oder Fahreinheit angegeben wird und ob die Zeit UTC (Coordinated Universal Time) oder MEZ (Mitteleuropäische Zeit) bedeutet. Ganz anders ist die Situation, wenn Texte interpretiert werden müssen, welche nicht nur mehrdeutige, sondern auch ironische Aussagen enthalten können. Häufig sind auch verschiedene Sprachen zu berücksichtigen und ganz wichtig ist, die Vertrauenswürdigkeit der Information einzuschätzen.
Die Tabelle zeigt für verschiedene Systeme, wo diese bezüglich Journalismus, Robotik und Daten einzuordnen sind. Klar ersichtlich ist, dass die heute produktiven Journalistenroboter sich in der einfachsten Problemklasse bewegen. Der Chatterbot namens Eugene Goostman vom Entwickler Vladimir Veselov gibt vor, ein 13 jähriger ukrainischer Junge mit Englischkenntnissen zu sein. Er kommt also nicht als professioneller Journalist in Frage. Beim Turing Test jedoch haben 33% der Juroren gemeint, mit einem Menschen zu sprechen. Dies ist nur mit viel Daten und gewissem autonomen Verhalten möglich.
Die Tabelle zeigt zudem, dass noch viel Raum für zukünftige Entwicklungen besteht. Diese werden sicherlich auch die Medienbeobachtung beeinflussen. Man darf gespannt sein.
Weiterführende Links
- Roboterjournalismus: Texte in null Komma nichts, FAZ
- Die Roboterjournalisten sind schon unter uns, DIE WELT